Author(s): Liviu Jitianu / Language(s): German
Issue: 1/2005
Die orthodoxe Epistemologie der großen Exil-Theologen des Ostens wie Berdjajew, Lossky und Bulgakov und die repräsentativen Einführungen in die orthodoxe Glaubenswelt – siehe u.a. die Abhandlungen von Ch. Yannaras (Elements of Faith. An Introduction to Orthodox Faith, Edinburgh 1991), J. Meyendorff (The Orthodox Church, New York 1981; Ders.: Christ in Eastern Christian Thought, New York ²1987) – weckten aufmerksames Interesse im Westen und stellten nicht zuletzt vielfältige Herausforderungen der westlichen Welt dar. Themenbereiche wie Apophatie, Kataphatie, Sobornost (= Einheit in der Liebe und Freiheit – in der Verfassung von Vl. Solowjow –, die sich gegen das vorherrschende Absolute-Ich des deutschen Idealismus setzte), das Konzept der Gott-Menschlichkeit, die Sophia-Lehre (= die göttliche Weisheit, die das Geheimnis der Gott-Menschlichkeit enthüllt und dadurch Lebensprinzip der Menschheit wird, indem sie die perfekte und ideale, sich in Christus verwirklichende Menschlichkeit darstellt) – herausgearbeitet in erster Linie von den großen Sophiologen: Vl. Solowjow, P. Florensky und S. Bulgakov – stehen als herausfordernde Fragen da. Die Abhandlungen über das Mysterium der Freiheit, hauptsächlich von Dostojewski und Berdjajew kultiviert, können hierher auch angeschlossen werden. Auf diese Prinzipien baut die neo-patristische Anthropologie, deren vereinendes Thema das Person-Konzept bildet. Leitprinzip dieser Anthropologie ist die Präsenz Gottes in der Welt und im Menschen. Die orthodoxe Reaktion auf eine vorwiegend rational-scholastisch eingestellte Theologie, auf die reduktionistischen Diskussionen über die Person forderte eine neue Personlehre, die sich aus der Epistemologie der Kirchenväter ableiten ließ, die ihrerseits auf eine mystische, apophatische Grundeinstellung baut und eine existentielle, persönliche Kommunikation voraussetzt. Diesbezüglich wird aus ihrem Vokabular das rationale, substantielle, in sich existierende Subjekt vertrieben, und der apophatisch-mystische Person-Begriff herausgearbeitet. Grundlegend ist, wie gezeigt, für diese persönliche Existenzform des menschlichen Seins die Gott-Ebenbildlichkeit des Menschen. Daher wird alles Wesentliche der menschlichen Person abgeleitet, gedeutet und erklärt.
Ein zentrales Thema dieser patristischen Epistemologie bildet das Gott-Menschliche Konzept, das sich auf die Menschwerdung und deren Bedeutung für das menschliche Sein bezieht. Die Menschwerdung, in der das Menschliche mit dem Göttlichen in der Person Christi vereint wird, ist das Prinzip der Zurückführung des Menschlichen ins Göttliche, ist Prinzip der Vergöttlichung und gleiche Basis für einen göttlich-menschlichen Organismus, dadurch für eine restaurierte mystische Menschheit. Der einzige Weg der Wiederherstellung des Verlorenen findet seinen Ausgangspunkt in diesem göttlich-menschlichen Organismus, in der Person Christi. In diesem Prozess wird nicht nur der Einzelne, sondern die ganze Menschheit miteinbezogen, so dass die ganze
More...