LEITIDEEN DER EUROPÄISCHEN INTEGRATION
MAIN IDEAS OF THE EUROPEAN INTEGRATION

Summary/Abstract: Es mag unzeitgemäss erscheinen, heute über Leitideen der europäischen Integration zu sprechen - wenige Tage vor einem Verfahren in Karlsruhe, in dem es wieder einmal über die Grenzen geht, welche das Grundgesetz nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts europäischen Aktivitäten zur Rettung der Union in ihrer schwersten Krise setzt. Und doch: vielleicht ist auch jetzt eine Rückbesinnung auf einige Prinzipien sinnvoll, welche auch Deutschland seinerzeit mit der Ratifikation der Integrationsverträge gemeinsam mit seinen Partnern unterschrieben hat. Es entspricht der Europafreundlichkeit des Grundgesetzes, sie in die Auslegung der nationalen Verfassung einzubeziehen. Wenn man in diesem Sinne über Leitideen der europäischen Integration sprechen will, bedarf es einer Auswahl. Ich möchte mich auf solche konzentrieren, die in den europäischen Verträgen benannt sind d.h. zu denen sich die EU-Staaten gemeinsam bekannt haben. Auch so gesehen wimmelt der hier maßgebliche Vertrag über die Europäische Union (EUV) in seiner Präambel und in den Art. 1-3 nur so von hehren Ideen, Werten, Zielen und Grundsätzen, denen sich die EU und ihre Mitglieder verpflichtet fühlen. Ihre Bedeutung liegt weniger in einer strengrechtlichen Verbindlichkeit als in einer Art allgemeinen Appell an die Politik, in welcher Richtung sich der europäische Einigungsprozess entwickeln soll. Ich möchte aus diesem grossen Bukett mit Blick auf die heutige krisenhafte Lage der Union vier Topoi herausgreifen, die für die aktuelle Kursbestimmung von besonderer Bedeutung sind: - Die Zielsetzung der Integration in Richtung 'einer immer engeren Union der Völker Europas' (Präambel, Art. 1 Abs. 2 EUV, Präambel AEUV) - Der Charakter der Europäischen Union als 'Rechtsgemeinschaft' - Die Förderung der 'Solidarität zwischen den Völkern und den Mitgliedstaaten' (Präambel, Art. 2 und Art. 3 Abs. 2, UA 4 EUV - Das Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 EUV) Man sieht auf den ersten Blick, dass diese in den Verträgen niedergelegten Leitideen in der täglichen Praxis nicht fraglos praktiziert werden, sondern im politischen Streit stehen.

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