„Die Erde hat geschwankt, aber sie steht noch immer.“ Theologische Kontingenzbewältigung im spätantiken Antiochien
“The earth swayed, but it did still stands. ”Theological Contingency management in late antiquity Antioch

Summary/Abstract: Der antiochenische Priester Johannes Chrysostomus (um 350-407 n.Chr) verarbeitetEreignisse literarisch, die in vielfältiger Weise auf die Menschen und ihre Lebenswelt einwirken. Phänomene wie Erd beben, Flut und Hunger verdanken sich inseiner Auffassung der Initiative Gottes und werden mit einem genuin theologischenDeutungsmuster vorgestellt. Heiser stellt zunächst diejenigen Erdbeben vor, dieChrysostomus aus eigener Erfahrung miterlebt haben könnte. Sodann werden seineliterarischen Bezugnahmen auf Erdbeben analysiert und daraus das Deutungsmuster der theologischen Kontingenzbewältigung erhoben. Mit dem straftheologischenDeutungsmuster zielt Chrysostomus auf eine religiöse Handlungsaufforderung, diemit Buße und Reuepostulaten einhergeht. Bei aller, heute weniger einleuchtenden,moralisch-bedrohlichen Instrumentalisierung der Erdbeben erfahrung überrascht dieModernität dieses straftheologischen Deutungsmusters. Es hat im zwanzigsten undbeginnenden einundzwanzigsten Jahrhundert eine metaphorische Umkehr erfahren.Nicht mehr Gott straft durch Naturkatastrophen, die Natur rächt sich selbst durchKatastrophen für die ihr vom Menschen angetane Gewalt. Die modernen Katastrophen werden mit dem Fokus auf den anthropogenen Ursachen zu Strafen fürgesellschaftliche Fehlentwicklungen und bringen auch gegenwärtig nicht wenigermoralisierende Diskurse mit sich.

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