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The Baltic ‘Art Spring’: Artists and Art Lovers in Estonia and Livonia ca. 1800
The Baltic ‘Art Spring’: Artists and Art Lovers in Estonia and Livonia ca. 1800

Author(s): Kadi Polli
Subject(s): Visual Arts, 18th Century, Sociology of Art, History of Art
Published by: Verlag Herder-Institut
Keywords: Baltic-German art; arts of the Enlightenment; art lovers/dilettantism; luxury; self-image of the artist; pictorial culture;

Summary/Abstract: Das bildliche Erbe der baltischen Spätaufklärung (ca. 1770-1820) besteht in erster Linie im praktischen und amateurhaften Charakter des Geschaffenen. In Est- und Livland mangelte es an professionellen Schöpfern, vielmehr dominierten die Zeichnungen eingewanderter deutscher Literaten, progressiver Adliger und Pastoren. Topografische und kartografische Aufzeichnungen, visuelle Dokumente heimatkundlichen Interesses und Tagebuch- oder Gedichtvignetten zeigen die Welt der Aufklärungszeit auf der Ebene sowohl der Wissenschaft als auch der Emotion, umgesetzt durch das explosionsartige Anwachsen der Druckgrafik. Es lohnt sich somit, die Bildkultur der Aufklärungszeit in einem größeren Rahmen zu betrachten und den großen Kreis der Amateurkünstler zu berücksichtigen. Die vorliegende Untersuchung sieht in deren eklektischem Bildschaffen einen Hauptstrang der deutschbaltischen Kunstkultur. Dank zeitgenössischer Kunstliebhaber schlugen in den 1780er und 1790er Jahren u. a. der Geist der Antike und eine gefühlsbetonte Naturauffassung Wurzeln in der baltischen visuellen Kultur. Diese Impulse wirkten bis in die architektonische Gestaltung der Universität Dorpat (Tartu), die Herausbildung ihrer Kunstsammlungen und Zeichenschule sowie die deutschbaltische darstellende Kunst des 19. Jahrhunderts hinein. Verständlicherweise drückten sich die Fertigkeiten der Amateure in kleinen Formaten und schnellen Techniken aus – Zeichnung, Sepia und Aquarell –, aber nicht in technisch anspruchsvolleren Ölgemälden. Welches waren aber der soziale und kulturelle Hintergrund dieser Kunstliebhaber, deren Interessenhorizont und Ziele? Wie wurden die eigenen Zeichenübungen reflektiert? Wie verortete sich das künstlerische Amateurwesen in dem adligen, von Luxus geprägten Lebensstil, dem Bildungsdiskurs der Aufklärungszeit und einem gesellschaftlichen Umfeld, das von einer sich gerade erst herausbildenden Professionalisierung geprägt war? Was wurde über Kunst und Künstler gedacht? Dem örtlichen Maler stand das zu derselben Zeit in der deutsch-italienischen Kunstlandschaft entstehende Ideal des genialen Schöpfers und romantischen Künstlers gegenüber. Im Beitrag werden die verschiedenen Kunst- und Zeichenpraktiken um 1800 betrachtet, aber auch die mit der Kunst und dem Beruf des Künstlers verbundenen sozialen und landsmannschaftlichen Selbstreflexionen und -stilisierungen – was, wie die baltische Aufklärungszeit als Ganzes, zu einem wichtigen Ausgangspunkt für die deutschbaltische kulturelle Identität des 19. Jahrhunderts wurde. Als Quellenmaterial dienen die frühe baltische Publizistik, Briefe und autobiografische Texte, insbesondere des Architekten Johann Wilhelm Krause (1757-1828) und des Künstlers und Dichters Carl Gotthard Grass (1767- 1814). Gleichzeitig wird auch das visuelle Material betrachtet, also frühe Künstlerporträts, verbunden mit der Frage, ob man für die baltischen Provinzen um 1800 überhaupt von „Künstlern“ und „Künstlerporträts“ sprechen kann.

  • Issue Year: 67/2018
  • Issue No: 2
  • Page Range: 163-195
  • Page Count: 33
  • Language: English