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Iz istorijske toponimije Stare Mačve
A historical toponymy of old Mačva region

Author(s): Aleksandar Loma
Subject(s): Applied Linguistics, South Slavic Languages, Philology
Published by: Српска академија наука и уметности

Summary/Abstract: Mačva (Matschwa) ist eine Ebene zwischen der Save und dem Unterlauf der Drina; im spaten Mittelalter bezeichnete man mit diesem Namen einen breiteren Landstrich, der ungefahr jenem Teil Nordwestserbiens entsprach, das seit der Turken herrschaft nach der Stadt šabac gravitiert. Dazu gehoren die Gebiete Pocerina und Posavina, sudlich bzw. sudostlich von šabac gelegen, in denen 1947–49 Vojislav Ra dovanović anthropogeographische Feldforschung durchfuhrte, deren Ergebnisse nur 1994 aus seinem Nachlass veroffentlicht wurden. Radovanovićs Beschreibungen von rund 70 Dorfern in den beiden Gebieten bieten einen reichen Bestand an Flurnamen, viele davon bis dahin unbelegt. In der vorliegenden Erorterung wird es versucht, an hand dieser Belege eine Reihe der aus den historischen Quellen, darunter besonders den turkischen Verzeichnissen des 16–17. Jh.s bekannten Ortsnamen richtig zu lesen und ausfindig zu machen. Dabei hat der Turkologe Dr Sr|an Katić aus dem Histori schen Institut in Belgrad groŸe Hilfe geleistet, der so liebenswurdig war, viele Le sungsvorschlage des Verfassers an den Quellenbelegen nachzuprufen. Von den fruheren Lesungen haben sich manche als mehr oder weniger richtig erwiesen: Vrbovac Radova{nica, Nasap Nakučani, Belobaba > Belaba Dvori{te, Tabetić > Tavtić Draginje, Šarov(a) > Šarevo Vuko{ić, Stadolin (o.a.) > Stadojna Mesarci (vgl. in der dortigen Mundart dojna ‘die untere’ < doljnja), viele anderen aber als verfehlt: œHrvastin, Hrusna, HrostinŒ statt Hrustin, heute Rustin Lojanice/Vuko{ić (zu *xrostã ‘Kafer’), œOstrovicaŒ statt Strojica (Nakučani), œSlavnik, Sladnik, SlavkinŒ statt Slavotin (Dragojevac; schon 1391 als Zlautim belegt), œ]elina, ]ilevinaŒ statt ]elije (Jalovik), œCrnskaŒ statt Crljenska (Metlić), œKoprivacŒ statt *Koprc / *Koprč, heute Koprčani (Volujac), vielleicht auch œKupivnik, KupionikŒ statt *Kopjević > Kopljević Culjković, œKosanikŒ statt *Kosanić Radova{nica. Die Mundart von Mačva ist heute ekavisch, aber die Entwicklung el > io, von der Radovanović Zeugnisse ablegt (Biograd, starosedioci) durfte dort alt sein, denn sie lasst sich schon 1533 durch den ON Strioci (nicht œStrivciŒ, wie bisher gelesen!) < Strelâci belegen, was darauf hinweist, dass damals auch Mačva zur sudlich anliegenden Zone Nordwestserbiens gehorte, wo *e seine phonologische Besonderheit als ‰eŠ bis heute bewahrt. Der in den Deftern mehrmals verzeichnete Name Vihnjevac, der sich auf den heutigen Mr|enovac bezieht, scheint irgendwie mit dem benachbarten Flussnamen Višnjeva reka zusammenzuhangen und damit den seltenen Wandel šnj > hnj aufzuweisen. Die Annahme einer Vokalsynkope nach der neu{tokavischen Akzentverschiebung ermoglicht uns, Bračinac auf den 1381 belegten ON Bratišinci vom PN Bratiša zuruckzufuhren und Grušić uber Grubšić (so 1719) auf *Grubišići = die Nachkommen des Grubiša, der nach dem Defter aus 1528 uber elf Dorfer in der Umgebung als knez verwaltete. SchlieŸlich wird das Dilemma erortert, ob in den altserbischen Urkunden, denen die GroŸschreibung von Eigennamen unbekannt ist, ein Baumname, der als Grenzzeichen angegeben wird, appellativisch oder toponymisch aufzufassen ist. Die Grundungsurkunde des Klosters Ravanica aus 1381 enthalt mehrere solcher Falle, darunter in der Abgrenzung seines Grundbesitzes in Mačva, wo topola ‘Pappel’ und granica ‘eine Art Eiche, Quercus conferta’ schon damals oder nachtraglich toponymisiert worden sein durften und bis heute als Topola in Zvezd und Granica in Vučevica weitergelebt haben. Die gute Bewahrung der historischen Topographie in den von Radovanović erforschten Gebieten lasst uns bedauern, dass die Mačva im engeren Sinne, das Gebiet nordwestlich von šabac, auŸerhalb der Reichweite solcher Forschungen blieb, zumal es Indizen gibt, dass es auch dort eine Namenkontinuitat zwischen dem serbischen Mittelalter und der fruhen Turkenzeit gab; mindestens kommen die in der Ravanica-Urkunde erwahnten Dorfer Polimići, Crkven(i)ci und Grubanovci auch in den turkischen Verzeichnissen aus der ersten Halfte des 16. Jh.s vor.

  • Issue Year: 2017
  • Issue No: 24
  • Page Range: 1-17
  • Page Count: 17
  • Language: Serbian