Zur Lyrik Thomas Bernhards. Forschungsstand. Die Lyrik als Vorgeschichte
Zur Lyrik Thomas Bernhards. Forschungsstand. Die Lyrik als Vorgeschichte

Summary/Abstract: Die spärlichen Untersuchungen zu den lyrischen Anfängen Thomas Bernhards unterliegen in der Regel der naheliegenden Versuchung, »im Frühwerk eines Autors die Themen und Motive des Späteren zu entdecken und sie im Entstehen zu beobachten und zu beschreiben«. Spürbar ist jene biographistisch getönte Tendenz, in die Entwicklung eines Autors den roten Faden eines linearen Prozesses einzuflechten, um das Gesamtwerk im Nachhinein als harmonische Einheit preisen zu können. In der kritischen Literatur fällt Bernhards Lyrik vorwiegend unter die Stichworte des Spätwerks: hier wie dort seien zentrale Themen eine »metaphysische Ortlosigkeit«, »physisches Ausgesetztsein«, »das geistige Trauma der menschlichen Existenz«. Die Bernhardsche »Radikalität der Weltsicht« wird im lyrischen Werk bereits spielend diagnostiziert; lediglich der »Ausdruck« mit seiner »Übersteigerung bekannter Mittel« hinke leider noch nach. Werden ausnahmsweise die Besonderheiten des Frühwerks gegenüber dem Spätwerk hervorgehoben, findet man anstelle der Harmonisierungstendenz eine Vorliebe für Kontrasteffekte: An der Grenze zwischen Bernhards Lyrik und seinem ersten Roman soll ein »'Bruch mit der Welt'« stattgefunden haben, »denn die religiöse Inbrunst der Gedichte verwandelt sich in die reine Negativität der Prosa«.

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